Filmkritik

Fast 10 - Unterhaltsam, aber zu viel

Fast 10 bietet wieder mal von allem mehr. Auch in Sachen Handlung, womit er am Ende ironischerweise mehr Fragen offenlässt als die vorigen Teile. Eine subjektive Kritik eines unterhaltenden Films.

Veröffentlicht am 31.05.2023

Stellen Sie sich das mal vor: Ursprünglich sollte The Fast & The Furious anno 2001 gar nicht erst in die Kinos kommen. Die mit 38 Millionen US-Dollar Budget vergleichsweise günstige Produktion war als einfacher Straight-to-DVD-Streifen gedacht. 22 Jahre später ist die Franchise eine der erfolgreichsten im Filmgeschäft geworden und bei mittlerweile zehn Teilen angekommen, das Spin-Off noch nicht mitgezählt. Aus den Fernseh-Dieben aus LA sind mittlerweile international gesuchte Top-Gangster geworden, die sich mit Atom-U-Booten anlegen und auch mal ins All fliegen. Chapeau. Für Fans stellt sich bei jedem neuen Teil die Frage, warum man sich den nun wieder antut. Das war stets einfach zu beantworten: Zwei Stunden leicht verdauliche Unterhaltung mit viel zu viel PS und Muskeln, im positiven Sinne genauso sinnlos wie zufriedenstellend, der Plot dient als Alibi für Explosionen, Crashs und Weisheiten über die Familie. Herrlich. Fast 10 versucht es nun mit nicht nur einem, sondern vier Plots, was am Ende einige Fragen offenlässt.

Trailer zu Fast 10

Im fünften Teil legt die Crew um Dom (Vin Diesel) und Brian (Paul Walker) in Rio dem Gangster-Boss Hernan Reyes (Joaquim de Almeida) das Handwerk. Das bekam damals offenbar dessen Sohn Dante (Jason Momoa) hautnah mit, was Fast 10 in einer Rückblende nur halbwegs glaubhaft zu vermitteln versucht. Andererseits ist er bei weitem nicht der erste Tote oder bisher Unbekannte, der plötzlich (wieder) auftaucht, also Schwamm drüber. Dante hatte nun also zehn Jahre Zeit, einen Plan zu schmieden, um Dom und seiner Crew auf möglichst spektakuläre Weise den Garaus zu machen.

Momoa überzeugt

Jason Momoa spielt einen hibbeligen Psychopathen, überdeutlich inspiriert von Batmans Joker. Lila Auto samt dazu passend lackierten Fingernägeln, wilde Haarpracht, kiloweise Schmuck. Momoa hatte sichtlich Spass beim Dreh, lacht, rennt und hüpft durchs Bild wie der Irre, den er spielt. An der Grenze zur Nervensäge, aber witzig und höchst unterhaltsam. Das bringt willkommene Abwechslung und Stringenz in einen Film mit ansonsten recht unübersichtlichen Handlungssträngen.


Dante wirkt wie eine Mischung aus Heath Ledgers Joker und Jack Sparrow aus Fluch der Karibik. Sehr cool!

Die Hauptgeschichte dreht sich um Dom, der von Dante rund um die Welt gejagt wird und während dessen seine üblichen Sprüche über die Wichtigkeit der Familie murmelt. Dante hat ein Faible für Explosives, was sich gleich zu Beginn des Films in einer hanebüchenen Szene in Rom manifestiert, in der die Crew eine riesige, rollende Bombe unschädlich machen muss, die den Vatikan zu zerstören droht. Das beste Mittel dafür sind selbstredend ihre Autos. Bildgewaltig, in dessen Schatten alles danach Folgenden etwas verblasst. Was im Prinzip umso mehr für die Szene spricht, denn auch danach wird einem ein bunter Strauss an Explosionen und adrenalingeladener Action geboten.

Zu viele Personen aufs Mal


Neue Charaktere wie Elenas Schwester Isabel (Daniela Melchior) bekommen zu wenig Platz, um sich zu entwickeln.

Doms Bruder Jakob (John Cena) fungierte im vorigen Teil noch als Oberbösewicht schlechthin und spielt nun den witzigen Onkel, der Doms Sohn in Sicherheit bringt. Genau so kennt und liebt man John Cena. Letty (Michelle Rodriguez) landet in einem arktischen Knast und trifft dort auf die Ex-Bösewichtin Cipher (Charlize Theron), mit der sie sich eine richtig gute Kampfszene liefert. Action und Kampfchoreographie vom Feinsten. Währenddessen jagen Roman (Tyrese Gibson), Tej (Chris «Ludacris» Bridges), Han (Sung Kang) und Ramsey (Nathalie Emmanuel) Gods Eye hinterher und treffen dabei auf Ex-Bösewicht Deckard Shaw (Jason Statham). Während sich Roman und Tej ein paar witzige Kabbeleien liefern, dienen Han und Ramsey eher als Füllmaterial.

Am Ende unterhaltsam


Doms geliebte Dodge Charger liefert auch Fast 10, aber mehr als ein paar Minuten Zeit hat auf der Leinwand keins der Autos.

Das Problem liegt nicht in den Charakteren selbst, sondern in deren Masse: Es werden derart Viele in die Handlung gestopft und neu eingeführt, dass keiner davon den Platz hat, sich zu entfalten. Autos sind wie schon bei den letzten paar Teilen mehr Mittel zum Zweck. Echte Hero Cars gibt es nicht mehr, woran man sich mittlerweile aber gewöhnt hat. Highlight ist ein gelber Datsun 240Z mit Widebodykit und RB26 unter der Haube. «Das hätte meinem Kumpel zuhause gefallen», meint Dom in Anspielung auf Brians Liebe zu Nissan Skylines. Können wir so unterschreiben.

Am Ende bleibt unklar, welcher Charakter in den letzten zwei Stunden eigentlich was genau gemacht hat, und warum. Fast 10 mag auf jeden Fall zu unterhalten, will aber zu viel aufs Mal. Nun ist Fast 10 bloss der erste Teil des «grossen Finales». Ursprünglich sollte es ein Zweiteiler werden, nun hat Vin Diesel sogar einen dritten teil in Aussicht gestellt. Es bleibt zu hoffen, dass sie die offenen Handlungsfäden wieder zu einem Strang verknüpfen. Vielleicht hätte es gutgetan, die Handlung von Fast 10 über drei Teile zu erstrecken. Fast 10 läuft aktuell im Kino.

Text: Moritz Doka
Bilder: © Universal Studios. All Rights Reserved.

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